Iraker wollen endlich Stabilität | Presse | DW | 16.12.2020
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Presse

Iraker wollen endlich Stabilität

Der Moderator der Al-Basheer Show geht in seiner Satire-Show auf DW Arabic auf Krieg, Terror und Korruption in Irak ein. Für die Weltzeit ordnet er die Lage in seinem Heimatland ein.

Artikelbild Weltzeit 3 | 2020 | Iraq Missing Protesters

Protestierende halten Fotos von Vermissten während einer Anti-Regierungs-Demo in Bagdad im Februar 2020 hoch. Sie beschuldigen die Miliz für das Verschwinden der Aktivisten. Laut der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte seien 25 Personen seit den Protesten im Oktober 2019 verschwunden.

Jeder in Irak weiß, wer die Demonstranten, Aktivisten und Journalisten in Irak tötet und entführt. Mit Ausnahme der Regierung. Die ermittelt noch immer, wer innerhalb eines Jahres mehr als 700 Menschen getötet hat, seitdem die Iraker auf die Straße gingen, um eine einzige Forderung zu stellen, die da lautet: „Wir wollen ein Heimatland.“

Seit 2011 nutzen große Teile des irakischen Volks Proteste, um die Regierung aufzufordern, die Korruption zu bekämpfen, ein funktionierendes Justizsystem zu schaffen, bessere Bildung zu ermöglichen, eine Verfassungsreform einzuleiten und endlich für die Verhaftung von Milizenführern zu sorgen, die an der Ermordung von Demonstranten und der Entführung von Ausländern beteiligt waren.

Die Jugend in Irak macht fast ein Drittel der Bevölkerung aus. Die Mehrheit von ihnen hat erkannt, dass die Probleme nicht durch Rebellion gelöst werden können. Die Proteste auf den Straßen machen jeden zur Zielscheibe. Das Land scheint hoffnungslos zwischen Machtinteressen gefangen zu sein.

Was 2003 in Irak geschah, war nicht nur der Sturz von Machthaber Saddam Hussein, sondern auch die vollständige Auflösung des Staates. US-Amerikaner waren ohne einen Plan in Irak eingedrungen und hatten Ämter mit Menschen besetzt, die völlig unqualifiziert waren, eine Regierung zu führen. Darüber hinaus schuf die Demobilisierung der irakischen Armee und aller Sicherheitskräfte eine Situation, in der sich Al-Qaida und die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) frei entfalten konnten. Irak ist zu einem Spielfeld für internationale Akteure geworden, vor allem für seinen Nachbarn Iran.

Die Zivilcourage der Iraker ist bewundernswert, denn der Protest der Bevölkerung hat einen hohen Preis. Als bewaffnete Milizionäre den Aktivisten Sajad Al Iraqi entführten, gelang es seiner Familie und seinen Freunden, seinen Aufenthaltsort ausfindig zu machen, den sie über die Sozialen Medien verbreiteten. Die irakische Spezialeinheit CTS (Counter Terrorism Service) brach jedoch einen Versuch ab, ihn zu befreien, nachdem Milizen mit Verbindungen zu Iran eine deutliche Warnung ausgegeben hatten. Die Verantwortlichen für die Tötung von Aktivisten und Journalisten in Irak sind relativ leicht zu identifizieren. Denn fast jedes Mal ist vor einer Entführung oder Ermordung eine Hasskampagne in den Sozialen Medien zu beobachten. In einigen Fällen geschieht dies sogar über Fernsehsender, die Politikern oder Anführern pro-iranischer Milizen gehören.

Die Liste der Opfer ist lang. Niemand in der Regierung wagt es, die Täter der Angriffe auf Aktivisten, Journalisten und Künstler zu nennen. Obwohl jeder weiß, wer verantwortlich ist und wer von der Unterdrückung der Redefreiheit profitiert.

Ich habe den Mut es zu sagen: Pro-iranische Milizen sind für den Tod von bisher mehr als 700 Irakern verantwortlich. Es ist an der Zeit, sie vor Gericht zu stellen.

Eine Lösung vieler Probleme in Irak könnten freie Wahlen sein, die von der internationalen Gemeinschaft und mit Hilfe der UNO überwacht werden. Wenn die neue Generation mit den neuen Vertretern im nächsten Parlament zufrieden ist, würde dies zur Beruhigung der Lage beitragen. Die Wahlbeteiligung unter Jugendlichen wäre sehr hoch. Aber diese Generation stellt auch Bedingungen für faire Wahlen. Sie sollten unter internationaler Aufsicht abgehalten werden und die Regierung müsste garantieren, dass die Milizen sich nicht in die Wahlen einmischen, was nahezu unmöglich ist.

Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden, könnte die große Mehrheit der Iraker die Wahlen boykottieren und wieder auf die Straßen gehen. Das würde unweigerlich zu neuer Gewalt und einer großen Welle von Flüchtlingen innerhalb des Landes führen, die sich in ihrem Land Orte suchen müssten, an denen sie den Milizen nicht schutzlos ausgeliefert sind.

Ahmed Al-Basheer

wuchs in Anbar, Irak auf. 2011 floh er nach Jordanien, nachdem er von einem Selbstmordattentäter verletzt worden war. Nach einer Ausbildung zum Journalisten entschied er sich für politische Satire, da er diese für ein wirksameres Mittel hielt, die Probleme in Irak anzusprechen.

In seiner Al-Basheer Show im Programm der DW kommentiert er seit 2014 Themen wie Korruption, Sektierertum, Extremismus und Terrorismus in Irak und der umliegenden Region. Die Sendung erreicht jede Woche über acht Millionen Menschen, von denen die Mehrheit jünger als 35 Jahre ist. Rund 3,9 Millionen Nutzende haben die Al-Basheer Show auf Facebook abonniert. In seinem Heimatland drohen ihm und seinem Produktionsteam lange Haftstrafen. Die Sendung wird daher weiterhin im Exil produziert. In der neuen Staffel, die Mitte November an den Start ging, schlüpft Moderator Ahmed Al-Basheer in die Rolle des Staatsoberhauptes einer fiktiven Republik und wendet sich per Videobotschaft an seine „Untertanen“.

 

 

 

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